Oliver Reiser

www.Chemie-im-Alltag.de

Nitropenta - hochexplosiver Sprengstoff beim Terroranschlag auf Flug 253

Oliver Reiser

Beim Anschlag auf den Flug von Amsterdam nach Detroit wurde Nitropenta, Bestandteil von sogenanntem Plastiksprengstoff, verwendet. © Chemie-im-Alltag 27.12.2009.

NitropentaWie die amerikanische Justizbehörde heute meldet, wurde bei dem gescheiterten Terroranschlag auf die Maschine der Delta Airlines der hochexplosive Sprengstoff Pentaerythrittetranitrat (PETN), besser bekannt als Pentrit oder Nitropenta eingesetzt. Es handelt sich hierbei um einen hochexplosiven, meist militärisch genutzten Sprengstoff, der zur selben Familie wie Nitroglycerin gehört. Angeblich wurden alle Sicherheitskontrollen korrekt durchgeführt, dennoch konnte offenbar der mutmaßliche Attentäter Umar Faruk Abdulmutallab problemlos den Sprengstoff mit an Bord des Flugzeugs bringen.

Nitropenta (Pentaerythrittetranitrat, PETN) - Bestandteil von Plastiksprengstoffen

Nitropenta, bereits 1900 in Deutschland entwickelt, gehört in die weit verbreitete Klasse der Nitrosprengstoffe. Solche Verbindungen enthalten in hoher Konzentration Nitrogruppen, die die hierin chemisch gebundenen Gasmengen in Form von Stickstoff und Sauerstoff schlagartig freisetzen und so verheerende Explosionen auslösen können. Im Gegensatz zum flüssigen Nitroglycerin ist Nitropenta eine feste Substanz, die bei 140 °C schmilzt und sich oberhalb 205 °C sich explosionsartig zersetzt. Nitropenta ist zudem schlagempfindlich (3 Nm [Newtonmeter = Joule], dies entspricht dem Aufprall eines 300 g schweren Gegenstands aus einem Meter Höhe): Zwar weniger empfindlich als Nitroglycerin (0.5 Nm), aber empfindlicher als etwa Trinitrotoluol (TNT, 15 Nm). Mit Vaseline oder Wachsen gemischt entsteht aus Nitropenta Plastiksprengstoff, der sich aufgrund seiner leichten Formbarkeit zum Anbringen von Sprengladungen auch an schwer zugänglichen Stellen eignet.

Nitropenta - leicht herzustellen aber nicht leicht zu detektieren

Die Herstellung von Nitropenta ist leicht, und einschlägige Anleitungen hierzu sind leider auch im Internet zu finden. Als Ausgangsverbindungen dienen Pentaerythrit, das für die Herstellung von Alkydharzen in großen Mengen produziert wird, und Salpetersäure, deren Salze in Düngemitteln in großen Stil zum Einsatz kommen.

Während die Detektion von nitroaromatischen Sprengstoffen wie TNT aufgrund der fluoreszierenden Eigenschaften des stets als Nebenprodukt vorhandenen Dinitrotoluols (DNT) prinzipiell durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht leicht möglich ist, ist das Aufspüren von Nitroalkanen wie Nitropenta schon schwieriger. Beim normalen Durchleuchten von Handgepäck mit Röntgenstrahlen werden zwar nicht mehr nur metallische Gegestände sichtbar gemacht: Moderne Geräte setzten bis zu vier Röntgenquellen ein, die selbst Flüssigkeiten sichtbar machen und zudem mit Hilfe von Computer gestützen Verfahren die Dichte von Materialien und damit auf bekannte Sprengstoffe zurückschließen können. Weiterhin verfügen die Flughäfen an den Sicherheitskontrollpunkten auch über Massenspektrometer, die zwar nicht routinemäßig zum Einsatz kommen, mit denen aber in Stichproben - mancher von Ihnen wird vielleicht schon einmal einen Wischtest bei seinem Labtop erlebt haben - die Molekülmassen von Verbindungen und damit Sprengstoffe zuverlässig und in geringsten Spuren nachgewiesen werden können.

Moderne Analysemethoden - Nanosensoren und Infrarotkameras

Fluoreszente MineralienFür eine schnell durchzuführende Routineanwendung, die vor allem auch am Körper getragene Sprengstoffe aufspüren kann, sind die zuvor beschriebenen Methoden nicht optimal. Dagegen können die aus Menschenrechtsgründen umstrittenen "Nacktscanner" alle verborgenen Gegesntände, auch Plastiksprengstoffe, am Körper erkennen.

Neuere Entwicklungen zielen darauf ab, Sprengstoffe anhand ihres Infrarotspektrums zu identifizieren. Da Sprengstoffe wie Nitroglycerin und Nitropenta relativ flüchtig sind stellt man sich vor, dass bereits die Ausdünstungen von Selbstmordattentätern, die Sprengstoffe am Körper tragen,für eine Detektion ausreichend sind. Nitroverbindungen senden Infrarotstrahlen bestimmter Fequenzen aus, die man mit dem Prinzip, das in Wärmekameras bereits zur Anwendung kommt, aufspüren könnte. Allerdings sind für diese Methode sehr empfindliche und vor allem hochauflösende Kameras nötig, um einen Sprengstoff von einem normalen Wärmespektrum eines Menschens zu unterscheiden.

Aussichtsreicher, da preiswert und ohne größere technische Umrüstung einsetzbar, ist der Einsatz von auf Nanomaterialien basierenden Sensoren. Hier nutzt man, das solche Sensoren selbst stark fluoreszierend sind, d.h. sie senden sichtbares Licht bei Anregung, etwa durch UV Licht aus. Kommen solche Verbindungen mit Nitroverbindungen - Nanogrammengen = Milliardstel Gramm sind hier ausreichend - wird diese Fluoreszens gelöscht. Ist man beispielsweise mit Nitrosprengstoffen in Berührung gekommen, kann dies mit solchen Nanosensoren auch lange danach und trotz mehrfachen TNT-SensorHändewaschens zuverlässig aufgespürt werden. Die nebenstehende Abbildung (© Angewandte Chemie, Verlag VCH-Wiley, mit freundlicher Genehmigung) zeigt einen linken Handschuh, der zunächst mit 0.1 g TNT eingerieben wurde und danach abgefegt wurde, bis keine sichtbaren Spuren von TNT mehr zu erkennen waren. Danach wurde der Handschuh auf ein mit einem Polysilan beschichtetes Papier gedrückt. Zum Vergleich ist daneben der Abruck des rechten Handschuhs gezeigt, der nicht mit TNT behandelt wurde. Der Effekt des TNT Kontakts mit dem Polysilan ist selbst mit bloßem Auge erkennbar, und Messgeräte können die Fluoreszenslöschung in noch viel geringeren Mengen erkennen.

Artikel zum Thema:
Flüssigsprengstoffe – unsichtbare Waffen des Terrors? | Neue Nachweisverfahren für Sprengstoffe