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Oliver Reiser

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Links oder rechts aus der Sicht der Moleküle

von Prof. Oliver Reiser

Kein Ausdruck politischer Gesinnung, sondern lebenswichtiges Prinzip - das Medikament Contergan steht hier als tragisches Beispiel - ist das Auftreten von biologisch wichtigen Molekülen in links- oder rechtshändiger Form. © Chemie-im-Alltag 2001.

 

Haben Sie schon einmal bemerkt, dass viele Dinge in der Natur in einer links- oder rechtshändigen Form auftreten? Von etwa 20.000 Weinbergschnecken trägt nur eine ihr Schneckenhaus in einer linksgängigen Spirale auf dem Rücken, alle anderen haben ihr Haus in Form einer Rechtsspirale. Und der Hopfen wächst - auch im konservativen Bayern(!) - stets in einer linksgängigen Helix. Ein mit sehr schönen Bildern zu diesem Thema versehendes Buch ist Rechts und Links in der Natur und anderswo von Henri Brunner.

Ebenfalls können einzelne Moleküle links- oder rechtshändig sein, und gerade für biologisch wichtige Moleküle trifft dies zu. Die DNA, Grundlage unseres Lebens, bildet stets eine rechtgängige Helix. Die natürlich vorkommenden Aminosäuren, aus denen Proteine und Enzyme aufgebaut sind, sind alle linkshändig. Im Gegensatz dazu sind alle natürlich vorkommenden Kohlenhydrate aus rechtshändigen Zuckermolekülen aufgebaut.

Spieglein, Spieglein an der Wand

Wodurch unterscheidet sich eine links- von einer rechtshändigen Form? Wie sich jeder am Beispiel unserer Hände leicht selbst klarmachen kann, verhält sich eine links- zu einer rechtshändigen Form wie Bild und Spiegelbild, die sich nicht miteinander zur Deckung bringen lassen. Solche Objekte sind "chiral" (aus dem griechischen: χειρ = Hand). Auf molekularer Ebene kommt Chiralität am häufigsten bei chemischen Substanzen vor, die ein Kohlenstoffatom mit vier verschiedenen Gruppen, ein so genanntes asymmetrisches Kohlenstoffatom, tragen. Die Gruppen um das Kohlenstoffatom sind tetraedrisch angeordnet, und wie das Beispiel der Aminosäure Alanin zeigt (Abbildung oben, zum Vergrößern Grafik anklicken), lassen sich in der Tat die zwei spiegelbildlichen Formen nicht zur Deckung bringen.

> > > WEITER zum zweiten Teil: Orangen und Zitronen - Spiegelbilder der Natur

 

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